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Christoph R. Aerni: Selbstportrait neben grossen Meistern

Mit Christoph R. Aerni startet das Näijerehuus in Hersiwil in ein neues Ausstellungsjahr. Die 35 ausgestellten Werke geben einen Einblick in sein jüngstes Schaffen.

Christoph R. Aerni hat ein Faible für den nackten Frauenkörper. Und für die Alten Meister. Rembrandt, Rubens, Velázquez. Es ist die meisterhafte Technik, die ihn dort interessiert. Die Plastizität, der Farbauftrag und der Ausdruck. Im grossen Dachraum sind zwei Bilder den barocken Malern gewidmet. Auf dem 120 x 120 cm grossen Bild «Peter Paul Rubens» von 2016 ist oben auf der Leinwand Rubens zu sehen, Aernis Interpretation eines Selbstporträts, eines von nur wenigen von Rubens.

Darunter skizzenhaft drei Aktstudien einer Frau, den Kopf im Nacken, als würde sie sich in den Blicken des Malers sonnen. In einem anderen Bild mit dem Titel «Nina, Najet, Rembrandt und ich» ist Aerni neben Rembrandt zu sehen. Letzterer anders als Rubens einer, der das Selbstporträt als Genre pflegte. «Er hat jedes Jahr eines gemalt», weiss Aerni. Als Vorlage wählte er ein Selbstbildnis des damals 34-jährigen Holländers mit Hut und einem Mantel mit hohem Kragen. Links daneben, mit Pfeife, abgewandt und über die Schulter zum Betrachter blickend, Aerni selbst. Des Weiteren auf der rechten Seite im Bild die barbusige Nina Burri und im unteren Viertel das Modell Najet, liegend, die rechte Hand am Kopf, in schwarzen Spitzendessous und mit geschlossenen Augen, als läge sie vor dem grossen Meister höchstpersönlich. Die Assoziation mit der Opfergabe für die Götter aus der antiken Mythologie blitzt auf. Und die Frage: Wer oder was wird hier welchem Gott geopfert?

Wie hält es denn Aerni mit den Selbstporträts? Nicht ganz jedes Jahr male er eines, aber immer wieder. Auch er also pflegt den Blick in den Spiegel, hält das darin erkannte Ich fest, nicht nur als eine Antwort auf «Wer bin ich?», sondern auch als Feststellung «So bin ich. Hier, jetzt».

Auch das 20. Jahrhundert inspiriert Aerni

Und dann sind da noch die Grossen des 20. Jahrhunderts, die Aerni offensichtlich inspirieren. Picasso, Miró, Rothko, Twombly. In einigen der Bilder klar zu erkennen. Aerni mag es, seine eigenen Arbeiten immer wieder in den Kontext der Kunstgeschichte zu setzen, Kombinationen zu schaffen, Elemente nebeneinanderzustellen, eigene und fremde. Sei es auf der formalen Ebene, sei es farblich oder inhaltlich über das Sujet.

Aerni modelliert, wenn er malt. Auch davon legen die ausgestellten Bilder Zeugnis ab. Körper, ob von Mensch oder Tier, so dreidimensional wirkend, dass man sie anfassen möchte, das Licht auf der Oberfläche, sie sind Ausdruck einer grossen handwerklichen Sicherheit, einer sehr breiten Palette. Vielfältig und facettenreich, und doch zeichnet sich durch eine Mehrheit der Bilder wie ein roter Faden Aernis Handschrift. Ein Kleinod in der Fülle der mittleren und grossen Ölbilder ist ein Aquarell von 2019: eine Aktbüste einer Frau, naturalistische Farbwahl, die Optik verzogen. Der Akt sei das Latein des Malers, heisst es. Aerni beherrscht es. Er spricht aber noch andere Sprachen. Und auch die fliessend.